2. Handlungsabschnitt

A A kann sich nach § 249 I 2. Alt. wegen Raubes am Jaguar strafbar gemacht haben, als er B zwang, ihm die Schlüssel für den Jaguar zu übergeben und ihn damit davonfahren zu lassen.
I. 1. Dafür wäre zunächst notwendig, daß er eine fremde bewegliche Sache weggenommen hätte.
a) Der Jaguar war für A fremd und auch beweglich.
b) A muß weiter neuen Gewahrsam am Jaguar begründet haben. Hierunter wird die Begründung eines tatsächliches Herrschaftsverhältnisses, das von einem entsprechenden Herrschaftswillen getragen wird, verstanden40.
A erhielt von B den Schlüssel ausgehändigt. Hierdurch war er in der Lage - zumindest in nächster Zeit -, nach seinem Belieben mit dem Auto zu verfahren. Der B - nun ohne Schlüssel - wäre nicht einmal mehr in der Lage gewesen, sein Auto aufzuschließen, geschweige denn, damit davon zu fahren. Dies alles konnte aber A. Nach der natürlichen Auffassung des Lebens hängt die Herrschaftsmöglichkeit über ein Auto also ganz entscheidend vom Besitz des Schlüssels ab. In dem Moment, in dem A die alleinige Herrschaft über den Schlüssel ausüben konnte, hat er auch Gewahrsam am Jaguar begründet.
c) Problematisch ist jedoch, ob A den Gewahrsam des B auch gebrochen hat. Hierunter wird die Aufhebung des Gewahrsams gegen den Willen oder ohne den Willen des bisherigen Gewahrsamsinhabers verstanden41.
B könnte mit dem Gewahrsamsübergang einverstanden gewesen sein, schließlich hat er den Schlüssel herausgegeben. Allerdings war hierfür ein "gutes Zureden" des A von Nöten. Solch ein Verhalten kann unterschiedlich bewertet werden.
aa) Zunächst könnte man die Motive des Opfers völlig unberücksichtigt lassen42 und rein auf das äußere Erscheinungsbild abstellen: Nimmt der Täter weg, liegt ein Gewahrsamsbruch vor, gibt das Opfer heraus, liegt eine Verfügung vor43.
B hat A den Schlüssel gegeben und ihm damit den Gewahrsam am Auto überlassen. Eine Wegnahme - und damit ein Raub - käme nach dieser Ansicht nicht in Frage.
bb) Eine andere Möglichkeit wäre, auf die Opferpsyche abzustellen und hiernach bewerten, ob der Täter nimmt oder nicht.
(1) Will das Opfer die Sache weggeben - wenn auch unfreiwillig - so liegt eine Verfügung und damit keine Wegnahme vor44. Das äußere Erscheinungsbild kann hierbei als Indiz dienen45.
Äußerlich hat der B gegeben, so daß keine Wegnahme vorliegen kann, er war auch faktisch mit dem Gewahrsamsverlust einverstanden. Auch nach dieser Auffassung liegt demnach keine Wegnahme vor.
(2) Ein anderes Abgrenzungskriterium könnte hier die Notwendigkeit der Mitwirkung sein: Hält der Genötigte seine Mitwirkung für notwendig, so nimmt er eine bewußte Selbstschädigung vor, zeigt sich also mit dem Gewahrsamsübergang einverstanden. Geht er dagegen davon aus, seine Mitwirkung sei entbehrlich, so fügt sich der Bedrängte lediglich dem Machtverhältnis des Täters46, sein Einverständnis ist unwirksam.
A drohte dem B, ihn zusammenzuschlagen, wenn er ihm den Schlüssel nicht gebe. Unter "normalen" Umständen wäre diese Drohung geeignet, dem Opfer jede Wahlmöglichkeit zu nehmen. Der Täter bekäme den Schlüssel in jedem Fall - entweder mit oder ohne Schlägen. Nun wäre B als Karatekämpfer aber sehr wohl in der Lage gewesen, den Gewahrsamsverlust zu verhindern. Er hat lediglich das geringere Übel gewählt und den Gewahrsam am Auto aufgegeben. Eine Wegnahme liegt also auch nach dieser Meinung nicht vor.
(3) Man könnte aber auch auf die Freiwilligkeit der Handlung abstellen: Ist das Opfer insofern unfrei, als daß es den Eintritt des Übels von seinem Willen unabhängig sieht, ist auch jede Handlung unfrei - das Einverständnis unwirksam. Wählt das Opfer dagegen zwischen zwei Übeln, so will es verfügen, ihm kann nicht genommen werden47.
B entschied sich für das für ihn kleinere Übel - nämlich Auto statt Kampf. Eine Wegnahme liegt auch nach dieser Meinung nicht vor.
(4) Nach sämtlichen "subjektiven" Ansätzen muß man sich also gegen eine Wegnahme entscheiden
cc) Ein weiteres Kriterium könnten die Regeln der mittelbaren Täterschaft liefern48. Ein Einverständnis scheidet hiernach aus, wenn das Opfer als unfreies Werkzeug des Täters handelt. Streitig ist hier allerdings, wann das Werkzeug unfrei handelt.
(1) Man könnte zunächst darauf abstellen, ob das Opfer entschuldigt wäre, würde es einem anderen die schädlichen Folgen zufügen49. Vorliegend könnte man an eine notstandsähnliche Situation im Sinne des § 35 denken.
B wäre aber als Karatekämpfer in der Lage gewesen, sich gegen den stark alkoholisierten A zu wehren. Die zu erwartenden Verletzungen für B dürften von daher nur leichter Natur sein. § 35 fordert aber eine gewichtige Gefahr für die Körperintegrität des Opfers50. Hiernach hätte B nicht unfrei gehandelt und dem A könnte sein Tun nicht angelastet werden.
(2) Ein anderer Ansatzpunkt wäre, die Kriterien der Einwilligungslehre für die Preisgabe von Rechtsgütern heranzuziehen.51. B wäre hiernach unfrei, wenn der von A zu seinem Handeln genötigt worden wäre.
B gab den Jaguar heraus, um keinerlei Verletzungsrisiko einzugehen. Seine Einwilligung beruhte also auf der Nötigung des A und war damit unfrei52.
(3) Die beiden Auffassungen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, der Streit muß entschieden werden.
Die erste Auffassung fordert für eine Selbstschädigung des Opfers dieselben Voraussetzungen wie für eine erzwungene Fremdschädigung. Hierfür mag sprechen, daß der Mensch lieber seinen nächsten schädigt, als sich selbst53. Die Situation des zur Selbstschädigung gezwungenen ist aber eine andere: Ihm bleibt nur die Wahl zwischen zwei Übeln, die ER in BEIDEN Fällen zu spüren bekäme. Die Appellfunktion des § 35, andere nicht zu schädigen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist, versagt also in solchen Fällen54. § 35 ist also kein dienliches Abgrenzungskriterium.
B handelte also unfrei. Dem A wäre also eine Wegnahme in mittelbarer Täterschaft zuzurechnen.
dd) Die Ansätze führen zu unterschiedlichen Ergebnissen - nach dem objektiven und den subjektiven Ansätzen liegt keine Wegnahme vor, nach dem letztgenannte wäre dagegen ein Raub möglich, der Streit muß also entschieden werden.
Zunächst ist zu klären, ob die Wegnahme objektiv (erster Ansatz) oder subjektiv (zweiter Ansatz) festzustellen ist. § 249 enthält zunächst einmal alle Merkmale des § 24255, also auch den Bruch fremden Gewahrsams56. Dies kann aber nur gegen den Willen des Opfers geschehen57. Der Wille des Opfers kann aber schlecht objektiv sondern nur subjektiv ermittelt werden58. Nun ist aber kein Argument ersichtlich, warum dies beim Raub anders sein soll. Es muß von daher auf die Opferpsyche abgestellt werden. Hiervon ausgehend liegt also keine Wegnahme vor. Dies steht aber im Widerspruch zur letztgenannten Ansicht.
Durch die Übertragung der Einwilligungsregeln auf das tatbestandsausschließende Einverständnis kommt dieser Ansatz in Verbindung mit der mittelbaren Täterschaft in praktischen allen Fällen einer "unfreien" Gewahrsamsaufgabe zu einem Diebstahl59. Diese Auslegung zerstöre damit die Eigenart der formalen Verletzungsdelikte wie z.B. der §§ 242, 123. Grund der Strafe ist hier die Verletzung des realen Willens des Geschützten und seines willensherrschaftlichen Persönlichkeitsbereichs. Wendete man auf diese Delikte immer auch die Regeln der mittelbaren Täterschaft und der Einwilligungslehre an, so würde dies auf einen erweiterten und konturlosen Vermögensschutz hinauslaufen60. Dieser Ansatz ist darum abzulehnen.
II. A hat dem B den Jaguar folglich nicht weggenommen. Eine Raub ist daher nicht gegeben.

B A könnte sich aber wegen Raubversuchs am Jaguar nach § 249 I 2. Alt., 22, 23 I strafbar gemacht haben.
Hierfür müßte er Vorsatz zur Verwirklichung des Tatbestandes des Raubes gehabt haben. Hierunter wird der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis all seiner Tatumstände verstanden61.
I. A wußte, daß der Jaguar fremd und beweglich war.
II. Er wollte auch neuen Gewahrsam an ihm begründen.
III. Problematisch erscheint jedoch der Wegnahmevorsatz. Wie gezeigt, hat A den Jaguar nicht weggenommen62. Gleichwohl müßte sein Vorsatz hierauf gerichtet gewesen sein. A muß also davon ausgegangen sein, er lasse dem B keine Wahl über den Verlust des Autos. In As Vorstellung konnte B nur zwischen Verlust des Autos und zusätzlich Prügel oder nur dem Verlust des Jaguars wählen. Für B stellte sich die Situation aber so dar, daß er zwischen Verlust des Autos oder Prügel wählen konnte. In dem Vorsatz, dem Opfer jegliche Wahl zu lassen, muß als Minus der Wille enthalten sein, das Opfer in eigenen Sinne wählen zu lassen. Der leicht abweichende Vorsatz des A ist in diesem Fall also unschädlich.
IV. A muß weiter mit Zueignungsabsicht gehandelt haben. Diese besteht in der Begründung von Eigenbesitz unter Ausschluß des Berechtigten, mit dem Willen, einem Eigentümer gleich über die Sache zu verfügen63. Eine bloße Benutzung der Sache reicht hierfür nicht aus64.
A wollte mit dem Jaguar lediglich eine "Spritztour" machen. Nur für diese Zeit wollte er "einem Eigentümer gleich" mit dem Jaguar fahren - ihn also lediglich kurz benutzen. Er handelte folglich nicht in Zueignungsabsicht.
Hiermit fehlt es an einem entscheidenden Tatbestandsmerkmal. A ist auch nicht wegen Raubversuchs strafbar.

C Möglicherweise hat A gleichzeitig einen Raubversuch nach § 249 I 2. Alt., 22, 23 I am Schlüssel begangen.
Dazu müßte diesem Verhalten ein eigener Unrechtsgehalt zukommen. Als "normaler" Bürger konnte A den Jaguar nur mit dem Schlüssel starten. Ohne den Schlüssel hätte er also überhaupt nicht mit dem Jaguar fahren können. Nun wird die normale Gebrauchsanmaßung nach § 248 b gegenüber dem Diebstahl privilegiert. Diese Privilegierung würde leerlaufen, wollte man den "Diebstahl" am Schlüssel extra bestrafen. Vom Täter wird nämlich gefordert, daß er die eigentliche Sache - hier den Jaguar - nicht der Gefahr eines Diebstahls aussetzt65. Dies wäre der Fall, wenn er den Schlüssel stecken ließe. Für das Opfer ist praktisch egal, wie der Täter mit dem Schlüssel verfährt. Um sich nicht der Gefahr auszusetzen, den Wagen von einem anderen oder dem gleichen Täter doch noch gestohlen zu bekommen, muß es die Schlösser auswechseln lassen66. Selbst wenn der Schlüssel sich im Wagen befände, würde B so verfahren, um sicher zu gehen, daß kein Zweitschlüssel angefertigt worden ist. Der "Wegnahme" des Schlüssels kommt somit kein eigener Unrechtsgehalt in Bezug auf die Wegnahmedelikte zu.

D A könnte sich aber einer versuchten Sachbeschädigung am Schlüssel nach § 303 II, 22, 23 I schuldig gemacht haben.
Um die Strafbarkeitsschwelle beim Versuch zu erreichen muß der Täter unmittelbar zur Tatbestandverwirklichung ansetzen. Hierzu war es noch nicht gekommen, als A von P gestoppt wurde.

E Möglicherweise hat A sich jedoch wegen Erpressung nach § 253 I 2. Alt. strafbar gemacht, indem er B durch Drohung mit Gefahr für Leib und Leben erpreßte, ihm den Jaguar zu überlassen.
I. 1. Hierzu muß der Täter dem Opfer ein Übel in Aussicht stellen, auf das er Einfluß zu haben vorgibt67. Die Drohung muß außerdem von solcher Erheblichkeit sein, daß sie geeignet ist, den Bedrohten im Sinne des Täters zu beeinflussen68.
A drohte, B zusammenzuschlagen. Aus einem möglichen Kampf wäre B zumindest nicht völlig unbeschadet herausgekommen. Der von A angedrohte Nachteil war also erheblich genug, um B in seinem Sinne zu motivieren.
2. Weiter muß das Opfer einen Vermögensschaden erleiden. Zunächst einmal gehören zum Vermögen, alle legal und "redlich" erlangten Güter von wirtschaftlichem Wert69. Ein solcher wirtschaftlicher Wert kommt auch dem - berechtigtem - Besitz zu70.
B verlor den Besitz an seinem Jaguar - zumindest vorübergehend - an A. In dieser Zeit konnte er nicht Auto fahren, war also auf Bus und Bahn bzw. Taxi angewiesen. B hatte somit einen Vermögensschaden.
3. Problematisch erscheint nun die Frage, wie dieser Vermögensschaden eingetreten sein muß.
a) Ein Ansatz wäre - wie beim ähnlichen Betrug -, eine Verfügung des Opfers zu fordern71.
B hat den Jaguar, bzw. den Schlüssel, - mehr oder minder - freiwillig dem A übergeben, also verfügt.
b) Ein anderer Ansatz wäre, jedes Opferverhalten ausreichen zu lassen, daß zu einer Schädigung des Vermögens führt oder eine solche ermöglicht72.
Wenn jedes Verhalten des B reicht, dann auch eine Verfügung.
c) Beide Auffassungen kommen hier also zu dem Ergebnis, daß eine Strafbarkeit nach § 253 möglich ist.
4. Die Verfügung war hier kausale Folge der Bedrohung und führte unmittelbar zu dem Vermögensschaden73.
5. A wollte den B bedrohen und so an den Jaguar gelangen. Diesen wollte er zumindest vorübergehend in seinen Besitz bringen und nahm zumindest in Kauf, dem B einen entsprechenden Vermögensnachteil zuzufügen.
II. Rechtfertigungsgründe für As Verhalten sind nicht ersichtlich.
Sein Verhalten muß aber auch verwerflich gewesen sein. Hierfür sind Nötigungszweck und -mittel gegeneinander abzuwägen74.
A erstrebte durch Drohung die Herausgabe eines fremden Autos zu erreichen. Sowohl Drohung als auch das Verlangen nach fremden Eigentum sind für sich schon zu mißbilligen, das muß dann auch für die Verknüpfung gelten.
III. Möglicherweise war A jedoch bei Begehung der Tat infolge Alkoholgenusses schuldunfähig im Sinne des § 20.
Trunkenheit alleine schließt die Schuldfähigkeit noch nicht aus. Vielmehr ist auf die persönliche Verfassung des Täters und seine individuelle Steuerungsfähigkeit abzustellen75. Ab einer BAK von 3 0/00 liegt eine Schuldunfähigkeit allerdings nahe76.
Bei Feststellung der BAK wies A 1,8 0/00 auf. Sie lag damit deutlich unter 3 0/00. Sonstige Anzeichen, die auf einen Verlust der Steuerungsfähigkeit schließen ließen, sind nicht ersichtlich.
A hat sich also nach §253 I 2. Alt. strafbar gemacht.

F Möglicherweise hat A außerdem eine räuberische Erpressung nach §§ 255 2. Alt., 253 I begangen.
I. Hierzu müßte er zunächst den Tatbestand der Erpressung verwirklicht haben - was soeben bejaht wurde.
II. Problematisch erscheint jedoch, inwieweit A mit einer Gefahr für Leib und Leben gedroht hat. Eine solche liegt unter anderem vor, wenn der Schaden in einer nicht unerheblichen Verletzung der körperlichen Unversehrtheit bestehen würde77. Außerdem müßte geklärt werden, auf wen man bei der Drohung abstellen will.
1. Zunächst einmal könnte man darauf abstellen, daß der Täter damit rechnet, das Opfer werde sich bedroht fühlen78.
Hiernach hat A in jedem Fall mit einer Gefahr für Leib und Leben des B gedroht.
2. Andererseits könnte man fordern, das Opfer müsse die Drohung auch ernst nehmen79.
B wäre als Karatekämpfer in der Lage gewesen, sich zu verteidigen. Er mußte zwar mit leichteren Blessuren rechnen, nicht-unerhebliche Verletzungen in einem Kampf gegen einen stark Betrunkenen wären jedoch mehr als unwahrscheinlich.
3. Die Ansätze führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, der Streit muß entschieden werden.
Anerkanntermaßen schützt § 255 als ein Element die persönliche Freiheit80. Wenn diese aber nicht im geforderten Maß betroffen ist, muß auch eine sich hierauf stützende Strafbarkeit entfallen81. Wollte man dies anders sehen, würde Drohungsdelikte zu bloßen Äußerungsdelikten verkommen82. Es ist darum ein Bedrohtfühlen des Opfers zu fordern.
A hat "objektiv" dem B nicht mit einer Gefahr für Leib und Leben gedroht.
A hat sich folglich nicht nach §§ 255 2. Alt., 253 I strafbar gemacht.

G Zu denken wäre aber eine Strafbarkeit des A wegen versuchter räuberischer Erpressung nach §§ 255 2. Alt., 253 I, 22, 23 I.
I. A muß hierfür Vorsatz alle Tatbestandsmerkmale betreffend gehabt haben.
1. Soweit diese die Erpressung betreffen, ist das soeben geprüft und bejaht worden.
2. Bezüglich der Drohung mit der "Gefahr für Leib" hatte A ebenfalls Vorsatz - schließlich konnte er nicht wissen, daß B Karatekämpfer war.
II. A handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
A hat sich folglich auch nach §§ 255 2. Alt., 253, 22, 23 zu bestrafen.

H Möglicherweise ist A auch nach § 246 I wegen Unterschlagung am Jagur zu bestrafen.
A wollte den Jaguar nur benutzen und ihn sich folglich nicht zueignen. Eine Unterschlagung scheidet darum aus.

I Des weiteren kann A nach § 248 I 1. Alt. eines unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeuges schuldig sein.
Eine eigene Strafbarkeit nach § 248 b entfällt, soweit die Tat schon nach einer anderen Vorschrift mit schwererer Strafe bedroht ist. Dies kann aber nur bei Taten mit ähnlicher Angriffsrichtung der Fall sein83.
Wie unter E84 und G85 geprüft, hat A den Tatbestand der Erpressung und der versuchten räuberischen Erpressung erfüllt. § 248 schützt als Rechtsgut - zumindest auch - das Gebrauchsrecht86. Durch die Erpressung war B zeitweise gezwungen, auf den Gebrauch des Jaguars zu verzichten. Es handelt sich hierbei also um einen Angriff "mit gleicher Richtung".
§ 248 b tritt subsidiär hinter § 25387 und § 255, 22, 23 zurück.

J Als nächstes ist zu prüfen, ob A sich eines räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer nach § 316 a I strafbar gemacht hab.
I. Zunächst muß ein Angriff auf Leib, Leben oder Entschlußfreiheit des Kraftfahrzeugführers vorliegen.
A zwang B in feindlicher Willensrichtung88, ihm das Auto zu überlassen. B war gerade aus dem Jaguar ausgestiegen und wird deshalb als Führer anzusehen sein. Es liegt hier also ein Angriff auf die Entschlußfreiheit des Fahrzeugführer vor.
II. Die Tat muß ferner unter den besonderen Verhältnissen des Straßenverkehrs begangen worden sein. Dies ist der Fall, wenn sich der Täter die typischen Möglichkeiten und Gefahren des fließenden Straßenverkehrs zunutze macht89; das Fahrzeug muß sich jedoch nicht notwendigerweise bewegen90.
A fing B ab, nachdem dieser gerade aus seinem Auto ausgestiegen war. Außer der Tatsache, daß sich beide auf einem Parkplatz befanden und Tatobjekt ein Auto war, hat die Tat nichts mit den Besonderheiten des fließenden oder stehenden Straßenverkehrs zu tun91.
A hat folglich nicht den Tatbestand des § 316 a verwirklicht.

K Zu prüfen ist weiter, ob A auch wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315 c I 1 a) zu bestrafen ist.
I. Hierfür muß er zunächst ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt haben.
A setzte den Jaguar in Bewegung92 und nahm hiermit am allgemeinzugänglichen Straßenverkehr93 teil.
II. Weiter muß er infolge Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen sein.
Ab einer BAK von 1,1 0/00 ist ein Kraftfahrer nach naturwissenschaftlichen Erkenntnissen absolut fahruntüchtig94
A hatte im Zeitpunkt der Blutentnahme noch eine BAK von 1,3 0/00, er war demnach absolut fahruntüchtig.
III. Schließlich müßte sein Verhalten zu einer über eine latente Gefahr hinausgehenden kritischen Situation geführt haben95.
A hat keinen Menschen gefährdet, möglicherweise aber das Auto des B. Ob ein fremdes Fahrzeug überhaupt Tatobjekt sein kann, erscheint jedoch problematisch.
1. Wollte man dies annehmen96, so hätte A zumindest den objektiven Tatbestand erfüllt.
2. Lehnt man eine solche Sichtweise dagegen ab97, käme eine Strafbarkeit des A nach dieser Vorschrift nicht in Betracht.
3. Für letztere Sichtweise mag sprechen, daß § 315 c seinem Wesen nach die Allgemeinheit und das Funktionieren des Verkehrs schützen soll98. Hiergegen könnte man freilich einwenden, einen Schutz der "Allgemeinheit" gebe es nicht, sondern immer nur Schutz einzelner Rechtsgüter99, und es bestehe ein Schutzbedürfnis des Eigentümers, der sein Fahrzeug einem anderen - freiwillig oder unfreiwillig - anvertraut hat100. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß der Eigentümer bereits durch andere Vorschriften hinreichend geschützt ist101, außerdem wird der Straßenverkehr nicht gefährdet, wenn der Täter lediglich sich und das Fahrzeug in Gefahr bringt102.
A hat darum den Tatbestand des § 315 c I 1 a) nicht erfüllt.

L A kann weiter wegen Trunkenheit im Verkehr nach § 316 I strafbar sein.
I. Bereits unter K II.103 ist gezeigt worden, daß A infolge Alkoholkonsums absolut fahruntüchtig war und ein Fahrzeug führte.
II. Problematisch erscheint aber die Frage, ob A auch vorsätzlich gehandelt hat. Er müßte hierzu eine Vorstellung über seine Fahruntüchtigkeit besessen haben104, wobei das Bewußtsein des Täters von der getrunkenen Alkoholmenge105 sowie die herabgesetzte Selbstkritik106 zu berücksichtigen sind.
Nach dem mitgeteilten Sachverhalt kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob sich A über seinen Zustand bewußt war.
Eine Vorsatzstrafbarkeit kann also nicht bejaht werden.

M Er könnte aber nach § 316 II wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr strafbar sein.
Es kann davon ausgegangen werden, daß A den Alkohol bewußt zu sich genommen hat107, jedenfalls hätte er aber bei 1,3 0/00 seine Fahruntüchtigkeit erkennen können108. Einem Fahrlässigkeitsvorwurf steht also nichts entgegen
A hat sich nach § 316 II strafbar gemacht.

Ergebnis 2. Handlungsabschnitt
A hat sich nach den §§ 253 I 2. Alt; 255, 253 I, 22, 23 I; § 316 II strafbar gemacht.
Die Erpressung und die versuchte räuberische Erpressung wurden hierbei in Tateinheit begangen, im Verhältnis zu § 316 II liegt Tatmehrheit vor.


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40 statt aller: S-S-Eser, § 242 Rdn. 23 ff und BGHSt 16, 271 (273)
41 S-S-Eser, § 242 Rdn. 25; SK-Samson, § 242 Rdn. 41; Wessels, BT/2 Rdn. 103
42 BGHSt 7, 252 (255)
43 RGSt 66, 117 (118); BGHSt 7, 252 (254/255); 14, 386 (390); BGH, NJW 67, 60 (61); im Ergebnis auch Mohrbotter, GA 68, 112 (119)
44 Rengier, JuS 81, 654 (656)
45 Rengier, JuS 81, 654 (661)
46 Otto, ZStW 79 (1967), 59 (87); Tenckhoff, JR 74, 489 ( 492); Küper, NJW 78, 956 (956); SK-Samson, § 249 Rdn. 6; Schröder, ZStW 60 (1941), 94 (96); LK-Lackner, § 253 Rdn. 9; S-S-Eser, § 249 Rdn. 2
47 Krey, BT/2 Rdn. 314; Bockelmann, BT/1 § 16 II 1. c) (S. 124); Haft, BT §253 II. 2. (S. 165); Schröder, ZStW 60 (1941), 33 (96)
48 Thiel, Jura 89, 454 (456); Schlehofer, EuE S. 64
49 Jescheck, AT § 62 II 6. (S. 606); Roxin, TuT S. 161 ff; S-S-Cramer § 25 Rdn. 10
50 Lackner, § 35 Rdn. 3; S-S-Cramer, § 35 Rdn. 6; Haft, AT 5. Teil § 4 5. c) bb) (1) (S. 138)
51 Wessels, AT Rdn. 539; Herzberg, JuS 84, 369 (373); Krey, BT/1 Rdn. 89; LK-Jähnke, Vor § 211 Rdn. 25, 26
52 im Ergebnis: Wessels, AT Rdn. 376
53 Roxin, TuT S. 644
54 Herzberg, TuT S. 37; Thiel, TuT S. 457
55 statt aller S-S-Eser § 249 Rdn. 2 und D-T § 249 Rdn. 2
56 D-T § 242 Rdn. 13
57 SK-Samson, § 242 Rdn. 41; D-T § 242 Rdn. 17; BGHSt 4, 199 (299); OLG Hamm, NJW 74, 1957
58 Samson, JA 80, 285 (289, Fall 21); Biletzki, Jura 95, 635 (636); im Ergebnis auch: SK-Samson, § 249 Rdn. 8
59 Schlehofer, EuE S. 75
60 Otto, GA 87, 275 (276)
61 Wessels, AT Rdn. 203, BGHSt 19, 295 (298)
62 siehe unter A II (Seite 8)
63 D-T, § 242 Rdn. 18; S-S-Eser § 242 Rdn. 47; SK-Samson § 242 Rdn. 56; BGHSt 1, 262 (264); 4, 236 (238)
64 D-T, § 242 Rdn. 19; LK-Ruß § 242 Rdn. 53; D-T § 242 Rdn. 24; SK-Samson § 242 Rn 56; RGSt 40, 10 (12)
65 RGSt 64, 259 (260); BGHSt 5, 205 (206)
66 OLG Hamm, NJW-RR 90, 289; OLG HAmm, NJW-RR 95, 348; OLG Frankfurt, NJW-RR 92, 537; Plaumann, VersR 76, 602 (603); Stelzer, VersR 77, 307
67 Lackner, § 240 Rdn. 12; D-T, § 240 Rdn. 15; BGHSt 16, 386 (387)
68 D-T, § 240 Rdn. 17; BGHSt 31, 195 (201)
69 Lackner, § 263 Rdn. 34 ff; D-T, § 263 Rdn. 27 ff; Wessels, BT/2 Rdn. 513 ff
70 S-S-Cramer, § 263 Rdn. 94; LK-Lackner, § 263 Rdn. 133; RGSt 1, 55; BGHSt 14, 386 (369); BGH, NStE Nr. 12 zu § 253; BGH, NJW 87, 1654 (1656)
71 Schröder, ZStW 60 (1941), 33 (43, 45); Tenckhoff, JR 74, 489 (491); Rengier, JuS 81, 654 (655); Otto, JZ 84, 143 (144); LK-Lackner, § 253 Rdn. 5-10; Thiel, Jura 89, 454 (458); Biletzki, Jura 95, 635 (363)
72 BGHSt 14, 386 (390); 25, 224 (228); Geilen, Jura 80, 43 (51 f); Schünemann, JA 80, 349 (487); Seier, JA 84, 440 (441); LK-Herdegen, § 249 Rdn. 21; im Ergebnis auch Mohrbotter, GA 68, 112 (117 ff)
73 hinsichtlich dieser Voraussetzung, siehe: S-S-Eser § 253 Rdn 7; BGHSt 32, 88 (89); BGH, StV 84, 377
74 Wessels, BT/1 Rdn. 411; Lackner, § 240 Rdn. 18; S-S-Eser, § 240 Rdn. 23; D-T, § 240 Rdn. 24; BHGSt 19, 263 (268); BGHSt 2, 194 (196); Dreher, JZ 53, 421 (428)
75 S-S-Lenckner, § 20 Rdn. 16; D-T, § 20 Rdn. 9; Lackner, § 20 Rdn. 18; RGSt 63, 46 (49); BGHSt 1, 384 (385); BGH, NStZ 84, 408
76 S-S-Lenckner, § 20 Rdn. 16; Lackner, § 20 Rdn. 18; D-T § 20 Rdn. 9a
77 Lackner, § 315c Rdn. 23; D-T, § 35 Rdn. 4; RGSt 66, 397 (399); 72, 229 (231); DAR 81, 226; BGH, StV 94, 127
78 RGSt 4, 10; 12, 194 (198); BGH bei Dallinger, MDR 75, 22; BGH, NJW 76, 976; Welzel, S. 325
79 BGHSt 23, 294 (295); LK-Herdegen, § 249 Rdn. 12; Küper, JuS 76, 645 (648); S-S-Eser, § 249 Rdn. 5; Puppe, JZ 89, 596 (597)
80 Lackner, § 253 Rdn. 1; D-T, § 253 Rdn. 4; S-S-Eser, § 253 Rdn. 1; BGHSt 1, 13 (20)
81 LK-Herdegen, § 249 Rdn. 12; Küper, JuS 76, 645 (648, Fußn. 30)
82 Puppe, JZ 89, 596
83 LK-Ruß, § 248 b Rdn. 13, S-S-Eser, § 248 b Rdn. 13; D-T, § 248 Rdn. 9
84 siehe Seite 10 - tja aber nicht in der HTML-Version =(;^)!
85 siehe Seite 12 - tja aber nicht in der HTML-Version =(;^)!
86 LK-Eser, § 248 b Rdn. 1; LK-Ruß, § 248 b Rdn. 1; Lackner, § 248 b Rdn. 1
87 S-S-Eser, § 248 b Rdn. 13
88 vergl. bez. Angiff: S-S-Cramer, § 316 a Rdn. 3; LK-Schäfer § 316 a Rdn. 5
89 LK-Schäfer, § 316 a Rdn. 10; D-T, § 316 a Rdn. 3; BGHSt 6, 82 (83); BGHSt 25, 316 (317)
90 SK-Horn § 316 a Rdn. 5
91 Vergl. bei ähnlicher Fallkonstellation: BGH bei Holtz, MDR 80, 629; BGH bei Martin, DAR 79, 114 Nr. 5.; S-S-Cramer, § 316 a Rdn. 6
92 siehe hierzu: D-T § 315 c Rdn. 3 und BGHSt 35, 390
93 siehe hierzu Lackner, § 315 c Rdn. 2; BGHSt 16, 7 (10 f)
94 BGHSt 37, 89 (95 u. 97); Grohmann, BA 91, 84 ff
95 Lackner, § 315 c Rdn. 22; in diesem Sinne auch: Wessels, BT/1 Rdn. 955; S-S-Cramer, § 315 c Rdn. 29
96 so wie: SK-Horn, Vor § 306 Rdn. 10; Hartung, NJW 66, 15 (16)
97 so wie: BGHSt 27, 40 ff; BayObLG, JZ 83, 560 ff; Ranft, Jura 87, 608 ff; S-S-Cramer, Vorbem §§ 306 ff Rdn. 11
98 BGHSt 27, 40 (42); BayObLG, JZ 83,560; S-S-Cramer, Vorbem §§ 306 ff Rdn. 11
99 SK-Horn, Vor § 306 Rdn. 10
100 Hartung, NJW 66, 15 (16)
101 Ranft, Jura 87, 608 (615)
102 BGHSt 27, 40 (43); BayObLG, JZ 83, 560; S-S-Cramer, Vorbem §§ 306 ff Rdn. 11
103 siehe Seite 14 - tja aber nicht in der HTML-Version =(;^)!
104 Lackner, § 316 Rdn. 4; D-T, § 316 Rdn. 9; SK-Horn, § 316 Rdn. 8
105 Lackner, § 316 Rdn. 4; OLG Frankfurt, DAR 92, 226
106 LK-Rüth, § 316 Rdn. 95; OLG Hamm, BA 76, 295 (296); BA 87, 224 (225)
107 vergleiche insofern: OLG Hamm, DAR 73, 23; D-T, § 316 Rdn. 9
108 vergleiche insofern: OLG Hamm, NJW 74, 2058 (2059); OLG Hamm, VRS 39, 345 (346)