Fall 1
T hatte eine Auseinandersetzung mit O. O will sich
entfernen. T will das verhindern, weil er O noch kräftig die
Meinung sagen will. Nun packt er O am Kragen / droht im Prügel
an, falls er sich entferne.
Strafbarkeit des T?
Fall 2
Die Entwicklung des heutigen Gewaltbegriffs hat sich in
Etappen vollzogen. Folgende Problemfälle galt es dabei zu lösen:
Ist das Auflegen eines mit Betäubungsmitteln getränkten
Wattebausches Gewalt?
Ist das Verschließen einer Tür Gewalt?
Ist das Aushängen der Fenster im Winter, um den Mieter zum
Ausziehen zu zwingen, Gewalt?
Ist das Erzwingen der Freigabe der Überholspur durch dichtes
Auffahren Gewalt?
Sind Sitzblockaden Gewalt (dazu in Fall 3)?
Ist das alles so richtig (auch dazu später)?
Was machen wir nun (auch dazu später)?
Fall
31
1983 fanden bundesweit Demonstrationen gegen die geplante
Stationierung von atomaren Kurzstreckenraketen des Typs Lance
statt. Im Rahmen dieser Demonstrationen wurden auch
Bundeswehrkasernen blockiert. So auch das Sondermunitionslager
in Großengstingen. Hier spielte sich folgendes ab: Als sich
zwischen 10.30 Uhr und 10.45 Uhr ein Fahrzeug der Bundeswehr mit
Postsendungen näherte, setzten sich fünf Demonstranten -
darunter der Angeklagte A - auf die Fahrbahn. Hauptfeldwebel B
gab wenige Meter vor den Sitzenden den Befehl zum Anhalten und
forderte sie auf, Durchfahrt zu gewähren. Als dies ohne Erfolg
blieb, ordnete er an, umzukehren und in die Kaserne
zurückzufahren. Das gleiche Spiel wiederholte sich noch einige
Male.
Gegen A und die restlichen Beteiligten wurde daraufhin ein
Ermittlungsverfahren eröffnet. A fragt sich, ob er mit einer
Bestrafung rechnen muß.
Abwandlung
K ist Kurde und möchte gegen den Einmarsch der Türkei im
Irak protestieren. Er plant deshalb die A5 zu blockieren, indem
er sich am Rasthof »Wetterau« mit Freunden auf die Autobahn
stellt (es wird dafür gesorgt werden, daß der Verkehr langsam
herunterbremst und es zu keinen Unfällen kommt...). K möchte nun
wissen, wie die deutsche Justiz hierauf reagieren wird.
Fall
42
Die 16jährige B hatte in einem Kaufhaus eine Umhängetasche
im Wert von 40 DM entwendet. Sie war hierbei von zwei
Kaufhausdetektiven beobachtet und gestellt worden. B bat die
beiden inständig von einer Strafanzeige abzusehen, weil ihre
Eltern sie »sonst totschlügen« und sie den Verlust einer ihr
zugesagten Lehrstelle befürchten müsse. Nach der Entgegnung, daß
sie zur Weiterleitung der Anzeige verpflichtet seien, gab einer
der Detektive, der als Chef aufgetreten war, der B in
Abwesenheit seines Kollegen zu verstehen, daß es vielleicht doch
noch einen Weg gebe, ihr zu helfen; wenn "sie mit ihm
schlafe, werde er die Anzeige unter den Tisch fallen
lassen."
Nehmen wir - entgegen dem tatsächlichen Fall - an, es ist
zum Geschlechtsverkehr gekommen. Gegen den Detektiv D wird
ermittelt - er möchte nun wissen, ob er bestraft werden kann. Er
ist der Meinung B habe freiwillig mit ihm geschlafen,
schließlich sei er nicht verpflichtet gewesen, ihr zu »helfen«.
© 1999 by Alexander Koch (wwwkontakt@laWWW.de)
1 | Nach BVerfGE 91,1. |
2 | Nach BGHSt 31, 195. |