Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges und Klagearten


Verwaltungsrechtsweg

Was ist bei § 40 I VwGO immer zu prüfen (einfache Frage ;-))?
Wann ist eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich?
Was besagt die Zwei-Stufen-Theorie?
Was ist bei kirchlichen Streitigkeiten zu beachten?
Kann aus einem Koalitionsvertrag vor den Verwaltungsgerichten geklagt werden?
Welcher Rechtsweg ist bei Maßnahmen der Polizei gegeben?
Greift § 23 EGGVG auch bei Realakten?
Ist ein Gnadenakt justiziabel?


Klagearten

Welche Klagearten kennst Du?
Was tun, wenn das Klagebegehren ungenau formuliert ist?
Die Behörde stellt fest, daß eine Subvention zu Unrecht ausgezahlt wurde und fordert die Gelder zurück. Wie kann sich der Betroffene wehren?
Wie ist eine Klagehäufung (§ 44 VwGO) sinnvollerweise zu prüfen?



Verwaltungsrechtsweg

Was ist bei § 40 I VwGO immer zu prüfen (einfache Frage ;-))? hoch
  öffentlich-rechtliche Streitigkeit
  nichtverfassungsrechtlicher Art
  keine Zuweisung an ein anderes Gericht (wird leicht vergessen!)

Wann ist eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich? hoch
  Wenn die streitentscheidende Norm dem öffentlichen Recht angehört.
        Sie gehört dem öffentlichen Recht an, wenn der Berechtigte oder Verpflichtete der Norm zwingend Träger hoheitlicher Gewalt ist.
  Kommen mehrere Rechtsgrundlagen in Betracht, so reicht es, wenn eine dem öffentlichen Recht zugeordnet ist.
        Ausnahme: Wenn Rechtswegzuweisung durch höherrangiges Recht - etwa Art. 14 III, 4 und Art. 34 S. 3 GG.
  Bei der Abwehr von Maßnahmen kommt es auf die Rechtsnatur der abzuwehrenden Maßnahme an; wird ein Anspruch geltend gemacht, auf die Rechtsnatur der Anspruchsgrundlage.
  Hilft die einfache Formel (der modifizierten Subjektstheorie) nicht weiter, können folgende Aspekte weiterhelfen:
        actus-contrarius-Gedanke
        Subordinationsverhältnis
        Sachzusammenhang mit öffentlichrechtlicher oder zivilrechtlicher Materie

Was besagt die Zwei-Stufen-Theorie? hoch
  Viele Rechtsverhältnisse zwischen Bürger und Staat sind durch öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Komponente geprägt - etwa die Bewilligung von Subventionen.
  Nach der Zwei-Stufen-Theorie wird getrennt:
        nach dem "ob" der Leistungsgewährung. Dieses Entscheidung erfolgt aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorgaben
        und dem "wie" der Leistungsgewährung. Die Abwicklung erfolgt meist aufgrund privatrechtlichen Vertrages (z.B. Gewährung eines Darlehns).
  Für Streitigkeiten über das "ob" ist demnach der Verwaltungsgerichtsweg gegeben, für solche über das "wie" der Zivilrechtsweg.
  Teilweise ist ein zweistufiges Rechtsverhältnis vorgeschrieben (etwa bei der Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechtes nach §§ 24 ff. BauGB).
  Nach h.M. findet die Zwei-Stufen-Theorie auch beim Zugang zu öffentlichen Einrichtungen Anwendung.
        Eine M.M. vertritt, Zulassung und Ausgestaltung beruhe einheitlich auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, so daß in jedem Fall der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.

Was ist bei kirchlichen Streitigkeiten zu beachten? hoch
  Die Kirchen werden im Zweifel öffentlich-rechtlich tätig (vgl. Art. 140 GG iVm Art. 137 V WRV).
  Innerkirchliche Streitigkeiten fallen aber wegen Art. 140 GG iVm Art. 137 III in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Kirche.
  Bei kirchlichen Maßnahmen mit Außenwirkung (Glockenläuten...) ist dagegen regelmäßig der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Kann aus einem Koalitionsvertrag vor den Verwaltungsgerichten geklagt werden? hoch
  öffentlich-rechtliche Natur des Koalitionsvertrages?
        Problem: Doppelstellung der Parteien - Organisation als privatrechtliche Parteien, wegen Art. 21 aber öffentliche Aufgabenzuweisung. Koalitionsvereinbarungen stehen in engem Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen Vorgang der Regierungsbildung. Deshalb läßt sich öffentlich-rechtlicher Charakter annehmen.
        Auch nach Subjektstheorie können sich Rechte und Pflichten aus einem Koalitionsvertrag nur an Parteien richten, die hierbei eine öffentliche Aufgabe wahrnehmen.
        Dieses Ergebnis ist freilich - zu Recht? - bestritten: Teilweise wird angenommen, bei einem Koalitionsvertrag handele es sich nur um eine politische Absprache, nicht dagegen um einen rechtlich bindenden Vertrag.
  nichtverfassungsrechtlicher Art
        Die Koalitionsvereinbarung steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Regierungsbildung. Für die Entscheidung in einem Rechtsstreit wäre also primär Verfassungsrecht maßgeblich. Es handelt sich deshalb um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit.
        Dementsprechend ist der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet. Ein anderer Rechtsweg ist nicht gegeben. Im Ergebnis sind Koalitionsvereinbarungen also nicht einklagbar.

Welcher Rechtsweg ist bei Maßnahmen der Polizei gegeben? hoch
  Wird die Polizei repressiv tätig, handelt sie als Justizbehörde auf dem Gebiet der Strafverfolgung. Nach § 23 EGGVG sind die ordentlichen Gerichte zuständig.
  Wird die Polizei präventiv tätig, ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO eröffnet.
  Verfolgt die Polizei sowohl präventive als auch repressive Ziele (sog. doppelfunktionale Maßnahmen), so kommt es auf das objektive Schwergewicht der Maßnahme an.

Greift § 23 EGGVG auch bei Realakten? hoch
  Dem Wortlaut nach nicht, wird aber von der ganz h.M. auch hierauf angewendet.

Ist ein Gnadenakt justiziabel? hoch
  Die wohl h.M. verneint dies generell - "Gnade vor Recht".
  Aber: Das Gnadenrecht wird durch die Verfassung geregelt. Damit sind die das Gnadenrecht ausübenden Organe nach Art. 1 III, 20 III GG auch der Verfassung unterworfen. Das gilt insbesondere für Fragen der Gleichbehandlung, Willkür und Verhältnismäßigkeit.
        Eigentlich paßt das Gnadenrecht eher in einen absolutistischen Staat... (is' aber nur meine Privatmeinung...)


Klagearten

Welche Klagearten kennst Du? hoch
  Ich? - keine...
  Anfechtungsklage gerichtet auf Aufhebung eines VA (§ 42 I VwGO)
  Verpflichtungsklage auf Erlaß eines VA (§ 42 I VwGO)
  Fortsetzungsfestellungsklage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines VA (§ 113 I 4 VwGO)
  allgemeine Leistungsklage auf Realakt (in § 43 II, 111 VwGO erwähnt, aber nicht eigenständig geregelt)
  Feststellungsklage auf Feststellung einer bestimmten Rechtslage (§ 43 VwGO)
  abstrakte Normenkontrolle auf Feststellung der Nichtigkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm (§ 47 VwGO)

Was tun, wenn das Klagebegehren ungenau formuliert ist? hoch
  Das Gericht ist zwar an den Antrag, nicht aber an die Fassung gebunden (§ 88 VwGO).
  Das Klagebegehren ist also durch Auslegung zu ermitteln.
        Vorsicht: Beliebte Falle: Der Antragsteller schreibt etwas von Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 VwGO), will aber in Wahrheit einstweiligen Rechtsschutz (§ 123 VwGO)...

Die Behörde stellt fest, daß eine Subvention zu Unrecht ausgezahlt wurde und fordert die Gelder zurück. Wie kann sich der Betroffene wehren? hoch
  ZWEI Anfechtungsklagen: Anfechtung der Aufhebung des Subventionsbescheides und Anfechtung des Rücknahmebescheides!
  Klagehäufung!

Wie ist eine Klagehäufung (§ 44 VwGO) sinnvollerweise zu prüfen? hoch
  Getrenntprüfung
        Zulässigkeit des ersten Antrages
        Begründetheit des ersten Antrages
        Zulässigkeit der Klageverbindung
              Ist die Klageverbindung unzulässig, bleiben die Klagen für sich trotzdem zulässig, sie werden vom Gericht aber nach § 93 VwGO getrennt.
        Zulässigkeit des zweiten Antrages
        Begründetheit des zweiten Antrages
  Zusammenprüfung
        Je nach Fallkonstellation kann eine Zusammenprüfung zweckmäßig sein (etwa, wenn mit zwei Anfechtungsklagen die Rücknahme und Rückforderung einer Subvention angegriffen wird).


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