Nach § 22 I ist der Versuch eines Verbrechens (§ 12) stets strafbar. Bei den Vergehen muß die Strafbarkeit explizit im Gesetz geregelt sein (wie beispielsweise bei § 242 II).
Nach der (wohl herrschenden) Eindruckstheorie ist Strafgrund des
Versuchs die Betätigung des rechtsfeindlichen Willens und ihr
rechtserschütternder Eindruck in der Allgemeinheit. Während die
Strafe beim Vollendungsdelikt eine Reaktion auf die Verletzung
realer Rechtsgütern ist, wird beim Versuch eher ein ideelles
Rechtsgut beeinträchtigt.
Hiergegen wird (u.a. von Freund) eingewandt, daß der
Strafgrund beim Versuch der gleich ist, wie bei der Vollendung:
Beide Male geht es um die angemessene Reaktion auf einen
Normbruch zur Beseitigung der Gefahr eines Normgeltungsschadens.
I. | TB | |
1. | Tatentschluß | |
2. | unmittelbares Ansetzen | |
II. | RW | |
III. | Schuld | |
IV. | Strafausschließungs- oder -aufhebungsgründe (insbes.: Rücktritt) |
Die grundsätzliche Strafbarkeit des untauglichen Versuchs ist
allgemein anerkannt und wird in § 23 III
vorausgesetzt. Kennzeichnend für das Vorliegen eines
untauglichen Versuchs ist ein Irrtum des Täters über die
fehlende Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens. Dieser Irrtum
kann sich sowohl auf das Vorhandensein der tatbestandsmäßigen
Handlung (=untaugliches Tatmittel) oder eines
tatbestandsmäßigen Angriffsobjektes (=untaugliches
Objekt) als auch auf eine vom Tatbestand vorausgesetzte
besondere Täterqualität (=untaugliches Subjekt)
beziehen. Umstritten ist die Behandlung von Irrtümern
hinsichtlich des Subjekts bei echten Sonderdelikten.
Ferner ist umstritten, ob bei Unkenntnis einer objektiven
Rechtfertigungslage (=Fehlen des subjektiven
Rechtfertigungselements) ebenfalls wegen untauglichen Versuchs
oder eher wegen vollendeten Delikts zu bestrafen ist
(richtigerweise wird man hier wegen Versuchs strafen...).
Straflos kann der Versuch hingegen sein, wenn der Täter mit grobem Unverstand iSd. § 23 III handelt (z.B. Versuch, mit einer Schreckschußpistole ein Flugzeug abzuschießen) oder der Täter den Erfolg aus Aberglauben mit völlig irrealen Mitteln herbeizuführen versucht, die der menschlichen Beherrschbarkeit und Verfügungsgewalt entzogen sind (z.B. Totbeten, Verhexen).
Das Wahndelikt ist, im Gegensatz zum untauglichen Versuch, immer straflos. Beim Wahndelikt ist der Wille des Täters auf die Verwirklichung eines Verhaltens gerichtet, das gar keinen Straftatbestand erfüllt. Der Täter hält sein von ihm richtig erkanntes Verhalten irrtümlich für verboten und strafbar (Lehrbuchbeispiel ist hier der Mann, der glaubt, Ehebruch sei strafbar).
Dieses subjektive Tatbestandsmerkmal umfaßt den auf alle
objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz und die
sonstigen subjektiven Tatbestandsmerkmale (wie z. B. besondere
Absichten in §§ 242, 249, 253, 259, 263).
Auch wenn der Täter die Realisierung seines Vorhabens noch
vom Eintritt einer äußeren Bedingung abhängig macht, liegt ein
Tatentschluß vor, solange dieser endgültig gefaßt ist.
Anders verhält es sich, wo die Entscheidung über das „Ob“
der Tatbegehung noch nicht gefallen ist. In diesen Fällen fehlt
es an der erforderlichen Tatentschlossenheit.
Das Gesetz fordert, daß der Täter nach seiner Vorstellung
unmittelbar zur Verwirklichung der Tat ansetzt.
Problematisch ist hier die Abgrenzung zur reinen
Vorbereitungshandlung, die sich noch im Vorfeld der eigentlichen
Tatbestandshandlung bewegt:
Einige fragen, ob der Täter die Schwelle zum "jetzt
geht´s los" überschritten hat oder ob sein Tatvorsatz
"die Feuerprobe der kritischen Situation"
bestanden hat.
Kritik: Diese Umschreibungen kennzeichnen eher den Moment
unbedingter Entschlußfassung und vernachlässigen die objektiven
Versuchsmerkmale.
Die Gefährdungstheorie stellt darauf ab, ob nach dem
Täterplan einen Situation eingetreten ist, in der das betroffene
Rechtsgut aus Tätersicht bereits konkret gefährdet ist.
Kritik: Das Kriterium ist zu unbestimmt, denn das Rechtsgut
ist eigentlich schon mit der ersten Vorbereitungshandlung einer
sich ständig steigernden Gefahr ausgesetzt.
Die Vertreter der Sphärentheorie sehen die zeitliche Nähe
zur Tatverwirklichung und die räumliche Beziehung von Täter und
Opfersphäre als Anhaltspunkt für den Versuchsbeginn.
Kritik: Das Raum-Zeit-Erfordernis versagt bei Fällen, in
denen der Täter bereits unzweifelhaft schon etwas getan hat, der
Erfolg aber erst zu einem viel späteren Zeitpunkt an einem ganz
anderen Ort eintreten soll.
Herrschend ist im Schrifttum die sog. "Zwischenaktstheorie". Danach liegt Versuch bei Handlungen vor, die zwar noch nicht tatbestandsmäßig sind, bei natürlicher Betrachtung aber bereits als deren Bestandteil erscheinen, weil nach dem Täterplan zwischen ihnen und der Tatverwirklichung keine wesentlichen Zwischenakte mehr liegen. Ob weitere Zwischenhandlungen wesentlich sind, ist nur durch eine wertende Betrachtung des Gesamtgeschehens zu ermitteln.
Die Rechtsprechung verwendet dagegen folgende Formel: "Das Versuchsstadium erstreckt sich auf Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestanderfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen, das geschützte Rechtsgut somit unmittelbar gefährden. Das ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum -jetzt geht es los überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so daß sein Tun ohne (wesentliche) Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht."
Bloße Vorbereitungshandlung ist hingegen, was die Ausführung der - für einen späteren Zeitpunkt geplanten - Tat nur ermöglichen oder erleichtern soll (z. B. das Besorgen der Waffe, das Herrichten der Tatmittel, das Auskundschaften oder Aufsuchen des vorgesehenen Tatortes und das Hinschaffen der Tatwerkzeuge).
§ 24 eröffnet dem Täter strafbefreiend vom Versuch
zurückzutreten, solange der Erfolg noch nicht eingetreten
ist. Nach § 24 I 1 muß zwischen beendetem und unbeendetem
Versuch unterschieden werden.
Ein Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn das Delikt vollendet
ist (eigentlich klar, trotzdem str...)
Unbeendet ist der Versuch (§ 24 I 1, 1. Alt.), wenn der Täter
noch nicht alles getan zu haben glaubt, was nach seiner
Vorstellung von der Tat zu ihrer Vollendung notwendig ist.
Beendet ist der Versuch (§ 24 I 1, 2. Alt.), wenn der Täter
alles getan zu haben glaubt, was nach seiner Vorstellung von der
Tat zur Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges notwendig
oder möglicherweise ausreichend ist.
Aufgabe der weiteren Tatausführung beim unbeendeten Versuch (§
24 I 1, 1. Alt.)
Ein Aufgeben der Tat ist gegeben, wenn der Täter endgültig
davon Abstand nimmt, sein Tatziel zu erreichen. Gegenstand der
Tataufgabe muß dabei allein die von dem Täter geplante und
bereits begonnene konkrete Tat sein.
Freiwillig ist der Rücktritt, wenn er nicht durch zwingende Hinderungsgründe veranlaßt wird, sondern der eigenen autonomen Entscheidung des Täters entspringt. Der Anstoß zum Rücktritt darf zwar auch von außen kommen, trotzdem muß der Täter aber noch "Herr seiner Entschlüsse" bleiben. Unfreiwillig ist der Rücktritt, wenn er durch vom Willen des Täters unabhängige Hinderungsgründe veranlaßt wird.
Tat im Sinne des § 24 ist die Straftat ihrer Umschreibung durch den gesetzlichen Straftatbestand. Probleme können hier entstehen, wenn der Täter die Tat lediglich verschiebt. Die h.M. läßt hier einen Rücktritt zu, wenn die gerade versuchte und die später geplante Tat zwei realkonkurrierende (§ 53) begangene Straftaten wären.
Zu Verhinderung der Vollendung reicht es nach h.M. aus, daß der
zum Rücktritt entschlossene Täter bewußt und gewollt eine neue
Kausalreihe in Gang setzt, die für das Ausbleiben der Vollendung
wenigstens mitursächlich wird.
Tritt trotz seines Bemühens der tatbestandsmäßige Erfolg
ein, so ist er grundsätzlich wegen vollendeten Delikts zu
strafen. Etwas anderes gilt nur, wenn der eingetretene Erfolg
objektiv oder subjektiv nicht zurechenbar ist.
Ein ernsthaftes Bemühen als Ausdruck einer bewußten und gewollten Umkehrung des in Bewegung gesetzten Kausalgeschehens liegt vor, wenn der Täter alles tut, was aus seiner Sicht zur Abwendung des Drohenden Erfolges notwendig und geeignet ist. Mit erkennbar unzureichenden Maßnahmen darf er sich nicht begnügen.