Argumente für und wider den "Großen Lauschangriff"
Die hier zusammengestellten Argumente für und wider den "Großen Lauschangriff" stammen größtenteils aus den beiden Bundestagsdebatten. Außerdem habe ich die entscheidenden BT-Drucksachen berücksichtigt. Schließlich sind einige Argumente aus dem Expertenhearing eingeflossen.
Ich habe mich bemüht, die einzelnen Argumente möglichst neutral zusammenzustellen und meine eigene Meinung deutlich zu trennen. Trotzdem will ich nicht verhehlen, daß ich kein Freund des "Lauschangriffs" bin...
polemische Argumente für den Lauschangriff
polemische Argumente wider den Lauschangriff
juristische Argumente für den Lauschangriff
juristische Argumente wider den Lauschangriff
Ausgenommene Berufsgruppen
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polemische Argumente für den Lauschangriff
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Die Gesellschaft ist vom Organisierten Verbrechen bedroht.
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Die OrgK nimmt über ihr Geld Einfluß auf alle Bereiche der Gesellschaft einschließlich der Verwaltung und Politik.
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In vielen Ländern der Welt haben sich Familienväter mit ihren Familien in Schutzgettos zurückgezogen aus Furcht vor der OrgK.
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Noch eine Zahl: In den Jahren 1991 bis 1996 wurden jährlich zwischen 369 und 540 Verfahren wegen des Verdachts der organisierten Kriminalität neu eingeleitet. Die Zahl der Tatverdächtigen schwankte zwischen mehr als 5000 und mehr als 9000. Die Zahl der Straftaten belief sich auf bis zu 100 000. -- Auch diese Fakten muß man einfach zur Kenntnis nehmen. (Körper, SPD)
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Zudem hoher Ausländeranteil von 70%
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Lauschangriff triff nur die Verbrecher.
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Der Lauschangriff wird nur bei einer sehr kleinen Zahl von Fällen zum Tragen kommen: nach Aussage von Glogowski wäre es in den norddeutschen Ländern nur in "einer Hand voll Fällen" zu einem Lauschangriff gekommen.
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Rechte der Opfer!
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Beckstein: Die Bürgerrechte von möglichen Opfern müssen jedoch Vorrang vor den Bürgerrechten von Straftätern haben.
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Glogowski: Sind die Rechte der Opfer eigentlich geringer zu bewerten als die Rechte derjenigen, die wir nun einmal als Tatverdächtige zu bezeichnen haben?
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Mehr Vertrauen in den Staat!
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Auch beim polizeilichen Lauschangriff hat es keine Skandale gegeben.
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Falsch: In Hessen mußte ein Minister (Milde?) zurücktreten, weil er aus illegalen Abhörprotokollen eines Anwaltes zitiert hat.
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"Große Koalition für den großen Lauschangriff"
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Aber es ist ein schwarzer Tag für die Verbrecher in unserem Lande. Ich denke, es ist schön, daß wir daran mitwirken können.
polemische Argumente wider den Lauschangriff
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Bürger muß sich in den eigenen vier Wänden ohne Angst vor Lauschangriffen bewegen können.
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Die Bundesrepublik hat die RAF und die Sowjetspionage ohne Lauschangriff überstanden.
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RAF war anderer Tätertype, hier zudem über 70% Ausländeranteil, der das einschleusen von verdeckten Ermittlern erschwert.
juristische Argumente für den Lauschangriff
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präventiv / repressiv
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Schon heute die Möglichkeit der TÜ und Hausdurchsuchungen sind ebenfalls schwerer Eingriff.
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Kein Unterschied zwischen präventivem und repressiven Verfahren - Unterscheidung ist künstlich.
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Bereits heute können Erkenntnisse, die im Rahmen der polizeilichen Lauschangriff ermittelt wurden, im Strafverfahren verwendet werden.
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Grundrechtsverständnis
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"Das Grundrecht des einzelnen auf Schutz der räumlichen Privatsphäre besteht nicht absolut; es wird vielmehr relativiert durch das Grundrecht des einzelnen wie der Allgemeinheit auf Rechtssicherheit." (R. Scholz) "eine moderne Verwirklichung von Grundrechten".
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Bisher wohl eher ein Verständnis der Grundrechte als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat; nun wird argumentiert, aus den Grundrechten ergebe sich eine Leistungspflicht des Staates, die notfalls auch die Einschränkung von Grundrechten rechtfertigt.
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Verfahrensrechtliche Absicherung
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Einfacher Tatverdacht reicht aus - dringender Tatverdacht wäre zu weit - reicht für U-Haft.
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U-Haft-Argument triff nicht zu, § 112 I StPO fordert neben dringendem Tatverdacht eine Haftgrund!
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3 Richter reichen aus - U-Haft darf von einem Richter angeordnet werden.
juristische Argumente wider den Lauschangriff
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Grundrechtsverstoß
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Verlust der Privatsphäre tangiert die Menschenwürde - allein die Tatsache, daß die Möglichkeit da ist, verunsichert.
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Auf TÜ konnte man sich noch durch Anpassung des Kommunikationsverhaltens einrichten, nicht so auf den Lauschangriff.
Art. 13 ist Ausfluß der Menschenwürde, der Kernbereich wird tangiert - Mensch braucht Räume, in denen er sich zurückziehen kann, ohne Angst vor Lauschangriffen zu haben.
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Art. 13 ist vergleichbar dem Folterverbot.
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Verfahrensrechtliche Absicherung
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Eingriffsschwelle
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Einfacher Tatverdacht - wünschenswert wäre dringender Tatverdacht!
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Bei schwerwiegenden Eingriffen ist auch auf der Tatbestandsebene mehr zu fordern als bloßer Tatverdacht.
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Richtervorbehalt
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Richtervorbehalt ist wirkungslos, wie die Realität der TÜ zeigt - was fehlt sind begleitende Berichtspflichten, die "Arbeit machen" wie in den USA.
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Benachrichtigung
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Benachrichtigungspflicht des Abgehörten ist nicht ausreichend sichergestellt.
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Lauschangriff ist wirkungslos und triff zu viele Unschuldige.
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Organisiertes Verbrechen kann und wird sich auf den Lauschangriff einstellen.
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praktischer jeder "Verdächtige, der etwas auf sich hält" geht davon aus abgehört zu werden, trotzdem ist TÜ ein erfolgreiches Ermittlungswerkzeug.
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Lauschangriff trifft zu viele unbeteiligte Dritte.
Ausgenommene Berufsgruppen
Argumente für und wider eine Beschränkung über den ersten Entwurf hinaus
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Gesetz mit zu vielen Ausnahmen ist wirkungslos.
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Es darf keine abhörfreien Räume geben.
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Wohnungsbegriff des GG ist zu weit.
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Dann hätte man das ändern können.
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Geistliche, Abgeordnet und Pfarrer werden von der Verfassung selber geschützt.
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Das hätte man ändern können.
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Zeugnisverweigerungsrecht soll Personen vor Konflikten schützen - dem steht es nicht entgegen, wenn TÜ oder Lauschangriff stattfindet - angeblich Rsp. des BGH. (Generalstaatsanwalt München)
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Zeugnisverweigerungsrecht soll Vertrauensverhältnis schützen, welches auch bei schwersten Straftaten unangetastet bleiben muß. (Präsident des BGH)
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Lösung bei Konfliktgruppen nur auf Ebene von Verwertungsverboten nicht schon beim Erhebungsverbot.
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Was in den Köpfen drin ist, bekommt man nicht mehr heraus.
Stand: 23. Juni 1998
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